Erste lange Orgelnacht bringt Münsters Paulus-Dom nach der Renovierung wieder voll zur Geltung

Münster – Der Dom ist zurück in der Stadt, schon seit ein paar Wochen. Jetzt aber hat er sich auch musikalisch voll und ganz zurückgemeldet – und viele, ganz viele Menschen haben ihn am Samstag bei der Orgelnacht begrüßt.
Von Chr. Schulte im Walde

… Nach der zweiten Pause im Kreuzgang war es 22.30 Uhr geworden, das Publikum im Dom aber noch lange nicht müde. Oder war es schlichtweg neugierig? Auf das Jazz-Duo Reiko Brockelt und David Timm aus Leipzig? Die letzte Stunde der Orgelnacht geriet zu einem singulären Ereignis. Johann Sebastian Bach mal anders – mit Saxofon und Orgel! Das ist noch keine Sensation. Wohl aber, wie Brockelt und Timm mit Bach umgehen. Oder mit Mendelssohns „Denn er hat seinen Engeln“ (mit Hochzeitsmarsch-Einwurf). Das sind eigentlich keine „Bearbeitungen“, sondern das Ergebnis zweier kreativer Köpfe im Umgang mit dem Ausgangsmaterial. Phänomenal! Da werden butterweiche Harmonien unterlegt. Oder es entstehen knackige Rhythmen und tauchen das Original in völlig neues Licht. Vielleicht frei nach Richard Wagners Motto: „Kinder, schafft Neues!“
Diesen Aufruf wenden Brockelt und Timm denn auch auf Wagner selbst an: Erst tanzen sie mit Tristan Tango, wobei irgendwann auch die „Meistersinger“ da mit hineingeraten; später besingt Isolde „mild und leise“ ihren Liebestod. Betörend das Gespür der beiden, was jeweils an Arrangement angemessen ist – und was nicht. Klanglich ist, was sich da ereignet, allemal eine Offenbarung. Und das merken auch die Zuhörer. Riesenbeifall im Dom gegen Mitternacht – und ein ergreifendes „Lascia ch’io pianga“ von Händel hinterher.

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