Große Gefühle, grandiose Virtuosität und Leipziger Lebensfreude erwarteten das Publikum beim dritten Iffeldorf er Meisterkonzert diesen Jahres. So entließ das Leipziger Jazz-Duo ein verzaubertes Publikum in die laue Frühlingsnacht.
Zu Beginn erst einmal tie-fe Trauer. Der Kammersänger Martin Petzold, in Iffeldorf sehr geschätzt für seine wunderbare Stimme und fest für den Abend eingeplant, erlag vergangene Woche einer schweren Erkrankung. Da geriet dieses Konzert zu einem Requiem der besonderen Art – wie es dem feinsinnigen und humorvollen Musiker gebührt; von höchster Qualität und geprägt von Vielfalt und Überraschungen.
Quer durch die Komponistengeschichte ihrer Heimatstadt Leipzig spielen sich David Timm am Flügel und Reiko Brockelt an diversen Holzblasinstrumenten, plaudern amüsant über Felix Mendelssohns Beitrag zur Wiederentdeckung des großen Johann Sebastian Bach, gekaute Motive bei den Meistersingern, Wagners Antipathie gegen Adolphe Sax und die Lust, eine Händel-Arie in einen Jazz-Walzer zu transferieren. Respektlos und faszinierend nähern sie sich den großen Meistern.
Timm steigt ganz zart mit dem Original ein, etwa mit Liszts „Liebestraum“. Nahezu unmerklich verändert sich die Melodie, immer rasanter tanzen des Pianisten Finger über den Flügel. Das Saxofon kommt dazu und sachte, dennoch temperamentvoll gleitet die Musik in eine andere Welt. Bekannte Motive tauchen auf und verschwinden wieder in einem Strudel an Spielfreude der Musiker, die sich durch kaum wahrnehmbare Blicke und Gesten gegenseitig Raum zum Improvisieren geben. Ebenso genial wie Timms Fingerfertigkeit sind Brockelts Wechsel zwischen den Instrumenten. Im Zweifelsfall hängt eben das Sopransax am Halsband,
während die Klarinette seufzt. Und das Ende verblüfft immer, augenzwinkernd.
Alle Klassiker, ob von Grieg oder Schumann, behalten ihr unverwechselbares Gesicht, werden jedoch neu gekleidet, mal dunkel, meist schwungvoll und immer mit Stil. „Glückes genug“ von Schumann heißt im Jazz-Duo-Universum „Perfekt Happiness“. Die gab es am Samstag in Iffeldorf – Zugaben und begeisterter Applaus inklusive.
KATRIN FÜGENER
Merkurkritik Meisterkonzert vom 23.4.2023
