Schumann und Co. verjazzt

Angemessen respektlos

In der Inselstraße werden Stühle geschleppt. Einige Besucher sitzen sogar im Flur vorm Schumann-Saal, weil sie drinnen keinen Platz mehr finden. Ohne zu murren, rücken sie ihre Sitze zurecht. Derlei Zuspruch ist nicht mehr verwunderlich, denn das, was David Timm und Reiko Brockelt aus Romantikern machen, ist längst kein Geheimtipp mehr. Sie sind mehr als geniale Jazzer, mehr als virtuose Musikanten und kreative Schöpfer. Sie sind all das und noch viel mehr.
Im Rahmen der Schumann-Festwoche spielen die beiden geniale Jazz-Bearbeitungen und Improvisationen über Werke aus dem Pantheon überwiegend deutscher Romantik. Liszt, Schumann, Mendelssohn oder Wagner. Aber auch Grieg. Nichts, das vor dem sprudelnden Geist der beiden sicher wäre. Dabei sind sie in angemessenem Maße respektlos und verblüffen mit einem schier grenzenlos erscheinenden Einfallsreichtum. Was die Geschlossenheit dieser Paraphrasen betrifft, so kann man gar nicht aufhören zu jubeln.
Dass David Timm die meisten dieser Auseinandersetzungen charmant und intelligent anzumoderieren weiß, so dass auch der Laie den Faden innerhalb komplexester Strukturen nicht verliert, ist ein weiteres Plus. Die Mischung aus Augenzwinkern und spürbarer musikalischer Leidenschaft ist einfach gut.
Nicht nur die einzelnen Jazz-Paraphrasen überzeugen mit einer stringenten Dramaturgie, sondern auch ein Abend mit absolut den richtigen Dimensionen für eine solche Musik, die zwar überaus unterhaltsam, aber dennoch musikalisch-intellektuell anspruchsvoll ist.
Tatjana Böhme-Mehner, LVZ. 16.9.2013

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